Eisklettern in Kolm-Saigurn

Veröffentlicht von am Mrz 16, 2018 in Blog | 2 Kommentare
Eisklettern in Kolm-Saigurn

Mit einigen Skitouren-Höhenmetern in den Beinen und gefühlten 30kg Ausrüstung im Gepäck treffen wir an einem Sonntag Abend Ende Jänner auf der Sonnblickbasis in Kolm-Saigurn ein. Stephan Binder von Vertical Experience wartet bereits auf uns –ein bisschen gezeichnet von den letzten zwei Kurswochen (oder dem gestrigen Abschlussabend? ), aber dennoch voll motiviert und stets mit offenen Ohren für unsre Fragen. Zimmer beziehen, Abendessen, Erstkontakt mit unserem fürsorglichen Hüttenwirt  Hermann und los geht’s: Materialcheck. Die Steigeisen sitzen, die Eisgeräte sind verteilt und Eisschrauben gibt es auch genug. Was spricht also noch gegen einen kleinen Nachtausflug an den mit Flutlicht beleuchteten Eisturm vor der Haustüre? Müdigkeit zählt jedenfalls nicht als Ausrede und obwohl sich die ersten Meter im senkrechten Eis etwas ungewohnt anfühlen ist uns schnell klar: die nächsten drei Tage werden richtig spannend.

Klettern wie die Katzen…miau!

Nach ausgiebigem Frühstück und tiefgehenden Beratungsgesprächen untereinander, wie viele Schichten und in welcher Reihenfolge wir sie am besten anziehen, stapfen wir Montagfrüh los. Das heutige Ziel ist der Barbarafall – 25 Minuten und 200 Meter über der Sonnblickbasis. Erste Eiskletterlektion: ja nicht Schwitzen beim Zustieg! Leichter gesagt als getan. Glücklicherweise gibt es nach dem Zustieg gar keine Zeit zum Auskühlen, denn der Boulderquergang ist schon vorbereitet und Steph weiß uns mit vielen Technikübungen am Vormittag zu beschäftigen. Nachdem sich unsre Körper schön langsam an die neuen Bewegungen gewöhnen, das Vertrauen in die Steigeisen wächst und die Eisgeräte anfangen zu beißen, geht es ans Topropen. Raupentechnik, Diagonaltechnik, Dreischritt-Rythmus, mit beiden, einem oder keinem Eisgerät – Schritt für Schritt verbessert sich unsere Technik. Die Zeit verfliegt und am späten Nachmittag fühlen wir uns schon ein bisschen wie richtige EiskletterInnen. Nach stärkenden Käsespätzle steht noch eine theoretische Einheit zu Eisqualität, verschiedenen Eisformation, Standplatzbau und Haltekräften im Eis am Programm. Dass Steph den Vortrag in der WLAN-Ecke hält, ist nur ein kleiner Grund für das wachsende Publikum – die interessanten Inhalte sicher ein großer.

Eisschauben setzen, Abalakov und Standplatz…check!

Wieder ein ausgiebiges Frühstück, auch die Anzieh-Routine stellt sich langsam ein. Der Fall der Wahl ist heute der Hauptfall. Nach zwei Einkletter-Routen beginnen wir, das am Vorabend gesammelte theoretische Wissen in die Praxis umzusetzen. Eisschrauben setzen – check. Eissanduhr fädeln – check. Standplätze in unterschiedlichen Eisqualitäten bauen – check. Alles klar für den Vorstieg! Moment… Vorstieg!? Okay, wir bauen einen Zwischenschritt ein und lassen die Eisschrauben in der Linie. Also Ruhe bewahren und los. Eigentlich geht es uns damit sehr gut, auch wenn uns Steph immer wieder an die Fersenstellung („nach unten!“) oder die richtige Ausholbewegung mit dem Eisgerät („schön von hinten!“) erinnern muss. Bevor wir an diesem Tag mit unsren Kräften ganz am Ende sind, schlägt sich so manch einer von uns sogar noch ohne vorgesetzte Eisschrauben hinauf – Respekt! Dann sind wir allerdings richtig leer – weniger in den Armen als im Kopf. Eiskletterlektion Nummer zwei: Eisklettern ist psychisch ganz schön anstrengend. Die Linsen und das Geschnetzelte sind deshalb ganz schön schnell aufgeputzt und wir machen uns einen letzten gemütlichen Abend in der Stube.

Mehr oder weniger elegant über freihängende Gebilde

Das letzte ausgiebige Frühstück wird etwas früher angesetzt, um den Tag noch voll ausnutzen zu können. Damit wir auch wirklich alle Fälle in Kolm-Saigurn zu mindest gesehen haben, führt uns Steph diesmal in den „Einser Graben“ und den „Zweier Graben“. Der ausgeprägte Oberflächenreif regt am Hinweg noch zu einer kleinen Lawinenkunde an, bevor wir nach links abbiegen und ein paar Steilmeter zum Vegetari überwinden. Die Aufgabe: Vorstieg, Partner nachholen, abseilen, kurz vor dem Boden Rückzugsstandplatz bauen, fertig abseilen. Es wird also komplexer. Mit gegenseitigen Unterstützungszurufen meistern wir aber auch diese Herausforderung und sind nun quasi offiziell (also Stephs Ansicht nach) in der Lage, eigenständig Eisklettern zu gehen. Als Belohnung und Abschluss wünschen wir uns ein paar härtere Routen im Toprope zu klettern, also machen wir uns auf den Weg in den Einser Graben zum Just yak it – ein enger  Einschnitt, durch den im Sommer ein Wildbach rauscht. Unser Wunsch allerdings resultiert vorerst in einem WI 4-Vorstieg von Hias und Gerald und einer leicht alpinistisch angehauchten Querung über ein steiles Schneeband von Steph, um uns eine Route einzuhängen. So kommen wir dann doch noch dazu, einen freihängenden Zapfen zu klettern (von links und rechts!) und bekommen unsre Grenzen relativ schnell zu spüren. Mehr oder weniger elegant hieven wir uns über dieses zerbrechlich wirkende Gefüge hinauf und haben – oben angekommen – den Zusammenhang zwischen Formation und Schwierigkeit mehr als verstanden. Dennoch zufrieden und mit richtigem Pump in den Armen packen wir unsre sieben Sachen und schlendern über die Schulter zurück zur Basis. Dort trinken wir mit Hermann unsren letzten Cappuccino und Steph isst die offenbar traditionelle Portion Pommes auf der Hütte. Das Feedback an Steph fällt eindeutig aus: 1A.

Um die schwache Stirnlampe von Hias nicht auf Herz und Nieren testen zu müssen, schlüpfen wir in unsre Skischuhe, laden die “30-Kilo”-Rucksäcke wieder auf und düsen die Forststraße hinunter, bevor es dunkel wird. Komisches Gefühl, nach diesen Tagen wieder in die Großstadt Wien zu fahren. Umso schöner bleiben die Erinnerungen (und hoffentlich auch die erlernten Eiskletterskills) erhalten!

2 Kommentare

  1. ONMA Hannover
    25. April 2018

    Danke das Ihr dieses Erlebnis mit uns geteilt habt. Klettern bei diesen Bedingungen finde ich echt beeindruckend. Man bekommt dann einen richtigen Adrenalin Kick :)

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  2. Steph
    20. März 2018

    Vielen lieben Dank für das tolle Feedback!! Steph – Vertical Experience

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