Bergfieber – Hüttenwartinnen im Portrait

Veröffentlicht von am Sep 20, 2015 in Rezensionen | Ein Kommentar
Bergfieber – Hüttenwartinnen im Portrait

Wer sich für mehr als nur die Speisekarte auf Berghütten interessiert und hinter die Kulissen schauen mag, dem bietet sich mit dem Buch “Bergfieber – Hüttenwartinnen im Portrait” vom Rotpunktverlag eine gute Gelegenheit. Daniela Schwegler porträtiert gemeinsam mit den Fotografen Stephan Bösch und Vanessa Püntner auf 251 Seiten Hüttenwartinnen von Schweizer Berghütten.

Portraits ohne Alpenkitsch 

Das Buch umfasst insgesamt 12 Portraits, welche auf humorvollen Erzählungen und zahlreichen Fotos aufgebaut sind. Bei jedem Portrait sind zunächst die Fakten (Bettenzahl, Lage, Öffnungszeiten, Zustiege) rund um die Hütten aufgelistet und dazu kommt jeweils ein Foto der Hütte. Manchmal erweckt die Hütte mehr der Eindruck von unendlicher Freiheit und ein anderes mal mehr den Eindruck von Demut, in jedem Fall weckt der Steckbrief die Neugier auf die Frau hinter dieser Hütte. Weiter geht es dann auch schon mit der Vorstellung der Hüttenwartinnen, und zwar in einer so bildlichen und poetischen Sprache, dass man bei manchen Sätzen verweilt, weil sie so schöne Bilder in einem auslösen und dabei ganz ohne Alpenkitsch auskommt.

Es folgen dann etwa 10 Seiten, auf denen die Frauen schildern, wie sie zum Beruf als Hüttenwartin gekommen sind, was sie daran fasziniert und welche Nachteile dieser Beruf mit sich bringt. Auffällig ist, dass die Frauen die vielfältigsten Berufe und Lebensläufe haben und oftmals beschreiben, dass sie in den Bergen als Hüttenwartin Ruhe gefunden haben. Immer wieder mischt sich Schweizer Dialekt oder so manch französisches Wort in den Text, so habe ich zum Beispiel noch nie davor das Wort “biszumgehtnichtmehr” gedruckt gesehen. Ein “o la la” immer wieder mal zwischendurch, zaubert einen französischen Flair aufs Sofa, auf dem man es sich gerade zum Lesen gemütlich macht. Der Autorin gelingt es wunderbar, die Frauen von sich erzählen zu lassen und die Texte perfekt für das Buch zu einer Geschichte zu verbinden.

Dem Text zu jeder der Hüttenwartinnen folgt dann ein Fototeil, ca. 10 Seiten stark, mit Bildern der Frauen bei ihrer Arbeit, wenn sie im Bergsee ein Bad nehmen, oder einfach nur aufs Smartphone schauen. Die Bilder wirken ehrlich und nicht inszeniert und sie machen die Fotos Lust auf so ein Dasein. Es wirkt auch so auf den Leser, als wären die Damen rundum zufrieden mit dem Leben hoch oben in den Bergen. Ein bisschen neidisch werde ich, wenn man die Kinder der Hüttenwartinnen beim Spielen zwischen den 3000 m Berggipfeln sieht. Was für eine Kindheit!

Bernadette Pree

Bergfieber, ein Buch mit Liebe zum Detail gemacht.

Hüttenwirtin vs. Hüttenwartin

Abschließend zu jedem Portrait gibt es dann Tourenvorschläge und eine kurze Passage mit historischen oder aktuellen Themen rund um das Hüttenwesen. Dabei wird auch die aktuelle Entwicklung von der traditionellen Hüttenwartin hin zur Hüttenwirtin aufgegriffen. Zu früheren Zeiten, musst man sogar sein eigenes Essen auf die Hütte mitbringen, wohingegen jetzt der Trend hin zum Restaurant am Berg geht, bei dem die Hüttenwartin nicht nur mit dem Warten der Hütte, aber vor allem im Bereich der Gastronomie gefordert wird. Die meisten der porträtierten Frauen sind auf kleineren Hütten in den Schweizer Alpen tätig und würden nicht gerne gegen eine der großen und beliebten Hütten tauschen, wo es dann zugeht wie im Hotel. Es wirkt in manchen Passagen so, als sei es eine Herausforderung zum Einen so abgeschieden zu leben und zum Anderen, immer von Leuten umgeben zu sein, ohne wirklich einen Rückzugsort und Privatsphäre zu haben. Manche der Hütten stehen ja wirklich wie ein Adlerhorst auf einem Felsvorsprung, z. B. Cabane Bertol. Obwohl sie die Abgeschiedenheit und das Leben am Berg so sehr lieben, erwähnen sie meistens auch, wie schön es ist im Herbst ins Tal zu kommen.

Bernadette Pree

Diese Hüttenwartin ist sogar als Frauenrechtlerin in die Schweizer Geschichte eingegangen, zum Nachlesen in “Bergfieber”.

Bernadette Pree

Ein Blick hinter die Kulissen vom Leben als Hüttenwartin.

Resümee

“Bergfieber” ist ein Buch, das vieles kann. So inspiriert es zum Beispiel, dank der persönlichen Portraits und ehrlichen Fotos zum Gedanken baumeln lassen, es motiviert endlich mal in die Schweizer Alpen zu fahren und es weckt die Sehnsucht nach einem einfacheren Leben, weit weg von aktuellen Geschehnissen.

Große Empfehlung meinerseits. Auch für Männer.

Daniela Schwegler, Stephan Bösch, Vanessa Püntener: Bergfieber. Hüttenwartinnen im Porträt. Mit 180 Farbfotos von Stephan Bösch und Vanessa Püntener. Rotpunkverlag, Zürich 2015, 34 €, ISBN 978-3-85869-668-7

Bernadette Pree

Starkes Bergfieber kann beim Lesen ausbrechen!

 

1 Kommentar

  1. Diogo
    14. Dezember 2015

    Hi Berna,

    tolle Beitrag und sehr schöne Fotos, hat mir sehr viel Spaß gemacht das zu lesen!

    Bis zum nächste Beitrag!

    Liebe Grüße

    Reply

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